Virnebuger-Bräuche

Et Mirtesfeue

Wenn sich die Wälder herbstlich bunt färbten und die Blätter von den Bäumen fielen, wurde es Zeit, Holz für das Martinsfeuer zusammen zu tragen. Ein Schulbub sagte es dem anderen:

„De Nammedach jinn mir Mirtesholz schläfe”
(Heute Nachmittag gehen wir Martinsholz sammeln)

Mit einem Seil oder auch einer dicken Kordel und einem Beil bewaffnet ging es auf den Brauberg. Dort wurden im Wald dürre Äste und Reisig gesammelt und zusammengebunden. Mit dem Seil zogen die Jungen das Holz zur Feuerstelle, wo das Martinsfeuerjedes Jahr abgebrannt wurde. So ging es mehrere Wochen lang, bis genug Holz zusammengetragen war.

Dann gingen sie daran, den Stamm einer Tanne fest in den Erdboden zu setzen. An die Spitze hängten sie eine Strohpuppe. Um die Tanne herum wurden Äste und Reisig aufgestellt. In den Holzhaufen bauten sie vier Höhlen.
Nachdem das alles geschafft war, zogen die Jungen einige Tage vor dem Martinsabend mit einem Leiterwägelchen durch den Ort und riefen:

„Baue, breng Strüh on Schanzen her”
(Bauer, bring Stroh und Schanzen her)


Wenn sie ihr Wägelchen voll Stroh und Schanze hatten, ging es wieder den anstrengenden Brauberg hinauf. Die Schanzen waren dünnes, trockenes, in Bündel zusammengebundenes Reisigholz, welches die Leute zum Backofenheizen brauchten. Die Schanzen und das Stroh wurden in die vier Höhlen hineingestopft. Nun war die Arbeit getan und der Martinsabend durfte kommen.

Die übrigen Kinder waren in der Zeit auch nicht untätig. ln der Schule wurden Laternen aus Karton und transparentem Papier gebastelt. Jedes Kind konnte seine eigenen Ideen einbringen. Einige nahmen schöne große Runkelrüben, höhlten sie aus und ritzten allerhand Motive hinein. Jedes Kind wollte die schönste Fackel haben.

Am Martinsabend ging der Lehrer mit den Schulkindern im Fackelzug Martinslieder singend durchs Dorf und anschließend auf den Brauberg. Die vier ältesten Jungen waren vorangegangen und warteten schon ungeduldig auf die Ankunft des Fackelzuges. Wenn alle oben waren, zündeten sie in den vier Höhlen das Martinsfeuer an. Bald züngelten die Flammen durch das Reisig. Die Funken stoben hoch in den Himmel. Und wenn die Strohpuppe brannte, riefen die Kinder:

„De Baue brennt”
(Der Bauer brennt)

War das Feuer abgebrannt und die Stange, die in der Mitte stand, umgekippt, ging es zurück ins Dorf in den Schulhof. Dort stand ein Korb voller Wecken. Jedes Kind bekam seinen „Mirtesweck”. Die Mädchen mussten am Martinsabend aufpassen, denn die Jungen machten sich die Hände schwarz, schlichen sich von hinten an sie heran und machten ihre Gesichter schwarz.

Das Martinsfeuer wird auch heute noch jedes Jahr abgebrannt, aber mit dem Leiterwägelchen ziehen die Kinder nicht mehr durchs Dorf und das Sprüchlein ist auch verstummt.

Das Martinsfeuer – aus: Virneburger Dorfgeschichte(n) – © 2004 Heimatverein Virneburg, Mathilde Lang

Kommentare sind geschlossen.